Vergangenen Sommer im Rahmen der B.A.U Jahrestagung (Bund Architektur und Umwelt) konnte ich mir diese vorbildliche Wohnsiedlung ansehen und noch einmal im trüben Dezember. 18 Jahre nach ihrer Entstehung macht die Anlage einen hervorragenden Eindruck.
Joachim Eble, auch Gründungsmitglied des B.A.U., hatte uns im Sommer durch die 1986-87 realisierte innerstädtische Wohnanlage mit 73 Wohneinheiten geführt. Planer des Projektes war damals das Architekturbüro Eble und Sambeth, Bauherr das Siedlungswerk Stuttgart.
Auf den ersten Blick fällt die organische Baugestalt auf. Die gesamte Siedlung ist mit hohem baubiologischen Standard realisiert und nimmt noch heute damit eine Vorreiterrolle ein. Erstaunlich eigentlich, wenn man sieht, wie sich das Konzept bewährt hat. Sofort fällt auf, dass die Siedlung nicht nur gepflegt erscheint, sondern dass die verwendeten Materialien zwar altern, aber eben nicht schäbig werden – ganz im Gegensatz zu Beton oder kunststoff“vergüteten“ Putzen und g´der gleichen modernen „Zeugs“.
Auch im Gegensatz zu den damals wie heute üblichen Projekten verdichteten Wohnbaus, scheint die Anlage zu leben. Wenn man durch die Siedlung geht, spürt man eine seltene, freundliche, entspannt Lebendigkeit. Von sozialen problemen nichts zu spüren. Das ist kein Zufall. Beim aufmerksamen Hinsehen fällt eine abgestufte Zonierung von öffentlichen, halböffentlichen bis zu privaten Außenräumen auf. Es gibt gemeinschaftliche Flächen unterschiedlicher Nutzung. Es sind eben keine „Freiflächen“ sondern vielfältige Außenräume. Erreicht wird das durch die Lage der Gebäude zueinander, deren äußere Gestaltung und – gleichwertig zur Hochbauarchitektur – die Gestaltung der Außenräume. Doch das ist nicht alles, was hier vorbildlich ist.
Bestandteil des biosolaren Konzeptes sind
- passive und aktive Solarenergienutzung
- Wintergärten
- Warmwassertherme
- Niedertemperatur-Fußleistenheizung
- innerhalb der Siedlung gibt es keine PKW-Erschließung, keine Stellplätze
- Regenwassernutzung, -sammlung im Feuchtbiotop
- teils begrünte Fassaden
- amgewandte Baubiologie
Die lebendige Architektursprache, die an Christopher Alexanders „Pattern Language“ erinnert, mag nicht unbedingt dem heutigen Mainstream entsprechen. Dennoch halte ich sie der technokratisch aggressiv banalisierenden Bauhauskopisten der Jetztzeit weit überlegen, weil sie den menschlichen Maßstäben entspricht. Man kann sich hier wohlfühlen.
Wo sind die Investoren, wo die Wohnungsbauunternehmen, die Bauherren, die sich für tatsächlich menschengerechten Fortschritt engagieren?