Radioaktive Belastungen im Lehmbau?

Im Rahmen meiner technischen Beratung Lehmbau werde ich seid einigen Jahren immer wieder gefragt, ob Lehm im Lehmbau „radioaktiv“ sein. Es gäbe besorgniserregende Erkenntnisse des Helmholtz-Institutes München.

Sind Lehmhäuser tatsächlich gesundheitsschädlich?

Ich persönlich halte diese Studie und die Berichterstattung darüber für wissenschaftlich unseriös. Doch lassen Sie mich sachlich Stellung beziehen:

Ich konnte regelmäßig interne Einblicke in die der o.g. Studie folgenden Untersuchungen des Dachverbandes Lehm und des Bundesamtes für Strahlenschutz erhalten (siehe unten). In diesem Rahmen war auch der technische Leiter der Firma Claytec e.K. Dipl.Ing. Ulrich Röhlen tätig. Ich möchte hier die Stellungnahme von Claytec zitieren. Andere Lehm-Baustoffproduzenten äußern sich ähnlich. Sie sind im Dachverband-Lehm e.V. organisiert (s.u.).

„Wir nehmen den Beitrag des Bayrischen Rundfunks vom 08.12.2013 zur Thoron-Messung in einem Gebäude mit Lehmbaustoffen zum Anlass für folgende Stellungnahme:

In allen natürlichen Mineralien sind natürliche Radionuklide enthalten, also auch in Lehm.

Um die Verwendung von eventuell nuklidreichen Lehmen auszuschließen lassen wir die wichtigsten Produkte seit ca. 10 Jahren im Rahmen der natureplus-Zertifizierung prüfen – stets mit eindeutig unbedenklichem Ergebnis.

In Vorausschau auf die kommende Neufassung der EU-Basic Safety Standards (EU-BSS)
hat der Dachverband Lehm e.V., Weimar (DVL) ein Prüfverfahren und eine Anforderung zu natürlichen Radionukliden in die neuen DIN-Normen zu Lehmprodukten aufgenommen. Grund dafür ist das Vorsorgeprinzip, das Vorgehen ist für andere mineralische Baustoffe beispielhaft.

In diesem Zusammenhang haben wir Anfang 2013 die gesamte Claytec-Produktplatte durch den TÜV-Süd prüfen lassen. Es wurden nur sehr geringe natürliche Nuklidgehalte festgestellt.

Entsprechend dieses Ergebnisses wurden bei der Messung im o.g. Objekt am 02.12.2013 bei allen Claytec-Lehmputzen entsprechend bemerkenswert geringe (bzw. keine) Thoron-Messwerte ermittelt. Selbst eine ebenfalls gemessene und diesbezüglich neutrale Gipsfaserplatte wies einen 30% höheren Messwert auf. Lediglich ein Lehmstein zeigte nennenswerte Werte, die allerding schon bei der anschließenden Vergleichsmessung mit einem anderen Gerät um ca. 85% niedriger ausfielen.

Die gezeigte Vorgehensweise bei der Ermittlung der Thoron-Werte ist aus zwei Gründen problematisch:

Der Abstand von 3 cm zur Fläche ist für keine Nutzung repräsentativ, Thoron zerfällt im Raum sehr schnell (56 Sekunden).
Weder das Messverfahren noch die Geräte sind ausgereift, allein die Abweichung um das 6-fache zeigt dies.

Die gesundheitliche Wirkung des schnell zerfallenden Thorons ist nach Meinung der Mehrheit der Fachleute im Vergleich zum besser messbaren Radon untergeordnet.

Ansprechpartner des DVL in diesen Fragen sind die zuständigen Bundesbehörden wie das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt), das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) sowie das Umweltbundesamt (UBA). Der DVL ist im Einvernehmen mit diesen Stellen. Bei Claytec legen wir darüber hinaus großen Wert auf die Einschätzung der baubiologischen Institutionen wie dem Verband Deutscher Baubiologen (VDB), dem Institut für Baubiologie (IBN) und insbesondere natureplus. Auch mit diesen Stellen befinden wir uns völlig im Einklang.

Lehm, Sand und Zuschläge werden von uns schon seit langem sorgfältig untersucht, auch im Hinblick auf natürliche „Belastungen“. Eins wollen wir jedoch unmissverständlich klarstellen: Unter Lehmbau verstehen wir das Bauen mit echter Erde, basierend auf einer 12.000-jährigen Anwendungserfahrung. Die ganz normalen natürlichen Eigenschaften dieser Erde als Problem auffassen zu wollen ist für uns abwegig.

Claytec e.K., Dezember 2013

Dem möchte ich mich uneingeschränkt anschließen. Seit mehr als 30 Jahren beschäftige ich selbst mich mit dem Thema ökologisches und gesundes Bauen, insbesondere mit historischem und modernem Lehmbau. Bisher konnte kein Beweis vorgelegt werden, warum natürliche Erden zum Bauen gesundheitsschädlich wären. Im Gegenteil: den guten raumklimatischen Eigenschaften von Lehm ist nur Holz ebenbürtig. Deshalb habe ich mich auf den Holz-Lehmbau konzentriert.

Weitere Links zum Thema:

Der ursprüngliche „Spiegel“-Artikel
Die Studie des Helmholtz-Institutes
Ein Link des Dachverband Lehm zum Thema Natürliche Radioaktivität von Lehmbaustoffen von Prof. Dr.-Ing. Christof Ziegert