Nachhaltigkeit – mehr als ein Modewort

Für mich erscheint es einfach. Lassen Sie es mich etwas platt sagen: Es darf nur raus gehen, was nachkommt. Meine Mutter als Chefin der Familie kannte ihre Haushaltskasse gut. Nur die Herren Wirtschaftsexperten machen lieber Schulden und lassen möglichst andere bezahlen – wenn es der Zwang zum Wachstum oder die Zukunft ist. Das ist keine Nachhaltigkeit.

Mehr oder weniger zeitgeistige Überschriften wie z.B. „Urban Mining“, „Das Gebäudes als Materialressource“, „Cradle to Gate“, „Zirkularität“,  „Recycling und Reuse“ usw. und ebenso viele heutige „Pilotprojekte“ halte ich meist für Wichtigtuerei. Das muss heutzutage wohl so sein. Dennoch, es ist alles richtig. Nachhaltigkeit umfasst trotzdem mehr als als die genannten Teilaspekte einzeln.

Nun denn, neu ist kaum etwas davon. Muss das auch sein? Lieber ist mir Bewährtes – keine neuen Experimente. Es gibt längst jahrzehnte bewährtes Know-how, das nur angewendet werden will. Schauen Sie unter Kompetenz. Ich war nur einer unter Vielen.

Klimaneutralität erreichen wir durch konsequentes Handeln, bodenständig, handfest, konkret, einfach. Und vor allem: weniger reden – mehr tun. Wie? Schaun wir mal. Ein Beispiel:

Wenn ich kann, kaufe oder lieber baue ich mir ein Haus und „finanziere“ es mit Schulden. Schulden die ich 20 oder 30 Jahre lang zurückzahlen muss. Wehe, ich verliere mein Einkommen. Mit jeder Zinszahlung wird das Haus teurer. Nur wird es in der Zeit nicht besser. Renovierungen werden nötig, früher oder später, also häufiger oder weniger häufig. Das kostet Material. Wo kommt das her? Wie viel Transportkosten müssen bezahlt werden? Biodiesel oder Diesel? Bauabfälle fallen an und wollen entsorgt, recyclet, wiederverwendet werden. Geht das überhaupt? Was kostet das? Funktionierende Bauteile kann ich gebraucht verkaufen. Die gebrauchten Türen verschenke ich an Architekturstudenten. Die brauchen große Tische. Lehmputz kann ich abschlagen und ohne Verluste wieder an die Wand bringen. Asbesthaltiger Putz der 1960er Jahre oder Mineralwolldämmungen von vor 1985 sind Sondermüll. Den darf (und sollte) ich nicht in Eigenleistung ausbauen. Das kostet extra.

Es kommt also möglicher Weise auf die richtigen Baustoffe und -konstruktionen an – und auf die Heizung, deren Dauerhaftigkeit, laufend steigenden Energie-, neuerdings CO2- und Wartungkosten. Eine neue Wärmepumpe ist nach 15 Jahren „fällig“, wie mir ein Hersteller sagte. Wie teuer ist sie pro Jahr, pro Monat? Die gewünschte PV-Anlage wird mit mein Haus nicht heizen – es ist Winter!

Vielleicht möchte ich dann doch lieber das Haus verbessern mit längerfristigen Investitionen für Wärmedämmung und neuen Fenstern zu Gunsten einer kleineren, billigeren Heizung. Mit dem richtigen Dämmaterial kann ich auf die sommerliche Kühlung verzichten. Das Flachdach der Garage mit Bitumenpappe abgedichtet wird nach 15 Jahren renoviert, jetzt mit einer EPDM-Kautschuk-Folie und Begrünung. Das reduziert die sommerliche Überhitzung (80 °C Bitumenpappe, 25 °C Folie unter Begrünung) und die abzuführende Wassermenge bei Starkregen.

Sie merken, worauf es hinaus läuft? Wir sollten zusammenhängend oder „in Systemen denken“. Dann kommen wir der Nachhaltigkeit näher – wirtschaftlich und ökologisch.

Dabei kommt es auf Qualitäten und nicht auf Quantitäten an. Die Studie „Die Grenzen des Wachstums“ im Auftrag des Club of Rome, erstmals 1972 veröffentlicht und zu letzt 2012 aktualisiert, erklärt in beeindruckender Weise, welche Grenzen ein ungeregeltes „Höher, Schneller, Weiter, Größer, Mehr“ hat.

Frederic Vester hat es (nicht wörtlich) so geschrieben: Eine Raupe frist ihr Leben lang so viel es irgend geht. Dann hat sie zwei Möglichkeiten: sie frist weiter und geht zugrunde, was sie nicht tut, oder sie hört auf zu fressen, verpuppt sich und verarbeitet all die gefressene Energie so, dass aus Ihr ein Schmetterling wird. Aus der schweren Raupe wird ein leichtes Flugzeug. Wachstum? Ja, ein qualitatives. Lassen Sie es mich einmal ganz doof sagen: statt mehr Viel, mehr Gut.

Was heißt das für mein Haus, dass ich mir oben gekauft habe? Vielleicht vergrößere ich es doch lieber nicht, sondern mache es schöner, energiesparender. Die Kinder ziehen eh in absehbarer Zeit aus. Oder ich bereite die Trennung des Hauses in zwei Wohneinheiten vor, damit ich im Alter im Erdgeschos leben und den Garten genießen kann und meine Rente mit der Vermietung der zweiten Wohnung aufbessere. Vielleicht muss auch meine Pflegekraft eine Bleibe haben?

Nachhaltiges Handeln ist anscheinend also mehr als nur „nur entnehmen, was nachwächst“. Nachhaltiges Handeln ist systemisches Handeln, ist denken in vernetzten Systemen. Prof. Frederic Vester hat dies sehr gut verständlich und anschaulich in den 1970er und 80er Jahren publik gemacht. Das ist nach wie vor uneingeschränkt gültig.

Auch in der aktuellen Lehre des „International Business Management“ spielt das „Sustainable Management“ eine zukunftsweisende Rolle. Es beschränkt sich nicht allein auf nachhaltiges Wirtschaften. Die Belange des ökologischen und sozialen Handelns sind untrennbarer Bestandteil nachhaltigen Wirtschaftens.

Nachhaltigkeit ist einfach. Wie gesagt, es gibt genügend Techniken, Produkte, Erfahrung und Know-how. Nachhaltigkeit will nur getan werden. Das bedarf vielleicht ein wenig Übung.

Sie sind an der Reihe! Ich stehe Ihnen gerne zur Seite, auch außerhalb des Bauwesens.

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